Einmal mehr nimmt mich ein Roman Hilmar Klutes gefangen. Ich wollte unbedingt „Was dann nachher so schön fliegt“ von 2018 lesen, bevor ich den neuen Roman „Im Traum suche ich immer das Weite“ in die Hand nehme, der mit seiner Handlung daran anschliesst. Klute ist ein grossartiger Geschichtenerzähler und auch in diesem Roman gibt es so unglaublich viele Sätze und wunderbar beschriebene Momente, die man einfach lieben muss…
Hilmar Klutes Schreibe hat mir bereits bei „Oberkampf“ und zuletzt in „Die schweigsamen Affen der Dinge“ ausnehmend gut gefallen, so unprätentiös, so packend, unterhaltsam und doch in vielerlei Hinsicht hochliterarisch. Dieser Roman lohnt sich alleine schon wegen dieser rasanten Reise durch die deutsche Nachkriegsliteratur und seiner vielen Anspielungen, Andeutungen, Mutmassungen – I love it! Und wenn sich für Lyrik begeistern kann, lohnt sich dieser Roman sowieso.
Ein Roman über die Leidenschaft fürs Schreiben, die Schönheit der Chance und die Liebe zur Literatur. Das literarische Debüt von Hilmar Klute ist voller Sätze, die man am liebsten immer wieder lesen möchte. Ruhrgebiet, 80er-Jahre: Volker Winterberg arbeitet als Zivi im Seniorenheim und schreibt Gedichte. Er träumt davon, ein Dichter zu werden wie Peter Rühmkorf und die Leute von der Gruppe 47. Aber vorläufig muss er noch frühmorgens seine Alten für den Tag vorbereiten. Die übrige Zeit verbringt er trinkend, rauchend und schreibend in Kneipen, die Nächte oft in fremden Betten. Dann gewinnt er die Teilnahme an einem Treffen für Nachwuchsschriftsteller in West-Berlin. Dort lernt er Heiner Müller kennen, den jungen, eigentümlichen Dichter Thomas und vor allem Katja, die mit Volker Ausflüge an die Mauer macht und ihm nach seiner Rückkehr Liebesbriefe schreibt. Als Volker ein zweites Mal nach Berlin reist, beginnt ein turbulentes Abenteuer mit Katja und eine verwickelte Odyssee durch das alte West-Berlin. (Galiani Verlag Berlin)
Es sind die vielen wunderbaren Sätze, die mich begeistern, diese Leichtigkeit in jeder Situation, man schwebt förmlich durch die Handlung, lässt sich gemeinsam mit dem Protagonisten Volker Winterberg durch dessen Leben treiben. Einer meiner Lieblingssätze, in einer Pizzeria: „Es war wunderbar, ich aß gerne schlecht, weil schlechtes Essen mutig macht wie eine unbequeme Reise durch ein beschissenes Land“. Nichts an dieser Story wirkt gekünstelt oder an den Haaren herbeigezogen, alles ist glaubhaft, selbst wenn er an der Autobahn steht um von Paris nach Hause zu trampen und er ins Auto von Günter Grass einsteigt oder er sich vorstellt, wie der dicke Helmut Kohl seine Gedichte liest und ihn auswählt, um nach Berlin zum Lyriker-Treffen zu fahren. Gleichzeitig erzählt er uns ungeschönt vom Alltag als Zivi im Seniorenheim, wo er bei der Versorgung einer Leiche helfen muss. Klutes Texte ziehen mich immer wieder tief in das Geschehen, vom ersten Satz an bin ich voll dabei. Und normalerweise wäre ich nun etwas wehmütig, dass ich auf den letzten Seiten angelangt bin und den Buchdeckel zuklappe, aber die neu erschienene Fortsetzung „Im Traum suche ich immer das Weite“ liegt bereits neben mir auf dem Schreibtisch. Ich freue mich darauf. Sehr.
„Was dann nachher so schön fliegt“ von Hilmar Klute, 2018, Verlag Galiani Berlin, ISBN: 978-3-86971-178-2 (Werbung)
Dieser Blog-Beitrag ist ohne eine vereinbarte Zusammenarbeit mit dem Verlag entstanden. Ich habe ein Rezensionsexemplar kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen, wofür ich mich beim Galiani Verlag Berlin sehr herzlich bedanken möchte. Meine Meinung blieb davon in jeglicher Art und Weise unbeeinflusst.
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Ohh danke für die Erinnerung! Das schlummert schon eine ganze Weile auf meinem SUB – jetzt freu ich mich sehr drauf. Muss es dieses Jahr unbedingt mal lesen. Ganz liebe Grüße, Sabine
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