New York City Ballet: Classic NYCB I…(Balanchine/Peck/Garner) – David H. Koch Theater New York 07.05.2024

„Classic NYCB I“ des New York City Ballets in der Spring Saison 2024 zeigt vier Werke der Choreograph:innen GEORGE BALANCHINE, JUSTIN PECK & AMY HALL GARNER und ist ein biederer, altmodischer Abend, der trotz zweier Neuschöpfungen sehr hausbacken daher kommt und ziemlich enttäuscht…

Historisch bedingt besteht das Repertoire der Kompagnie aus vielen Stücken von Balanchine und Robbins, ansonsten findet man natürlich noch viele Werke des Resident Choreographer und Artistic Advisor JUSTIN PECK im Spielplan. Bevor es losgeht gibt es eine sehr launige Einführung von Musical Director ANDREW LITTON am Pult des hochgefahrenen Orchestergrabens, der interessante Einblicke in die Musik Strawinskys zu den „Rubies“ gibt. Den Abend eröffnet ein Teil des Balanchine-Triptychons „Jewels“ (zuletzt habe ich das 2018 komplett mit allen drei Teilen vom Bayerischen Staatsballett gesehen): „Rubies“. Der Vorhang geht auf, das blutrote Setting gefällt mir immer noch. Im Vergleich zu den „Diamonds“ und den „Emeralds“ sind die „Rubies“ natürlich die eher frivole, schlüpfrige Nummer und ein guter Opener für diesen Abend. Natürlich – das trifft aber auch auf jeden Choreographen zu – ist Balanchines Stil nicht jedermanns Geschmack und im Jahr 2024 ein Zeitdokument seiner Epoche. Das Ensemble des NYCB ist weniger grazil und feingliedrig, eher kräftig und muskulös, das ist per se nicht schlecht, gibt mir aber bei „In Creases“ noch mehr das Gefühl, rhythmische Sportgymnastik zu sehen. Dieses Stück war das erste, von Peck geschaffene Stück für das NYC Ballet (2012) und erinnert mich an Eurythmie, 2014 zum Resident Director ernannt, hat er mittlerweile 24 Stücke für das NYCB geschaffen.

Ich mag das Stück nicht und die dafür geschaffenen Kostüme von MARC HAPPEL (und Justin Peck) mag ich noch weniger. Überhaupt ist das Kostümbild das grösste Manko des ganzen Abends, sie sind derart muffig und verstaubt geschmäcklerisch, man mag es kaum glauben, dass wir uns im Jahr 2024 befinden. Man will gefällig sein, es möglichst allen Zuschauer:innen recht machen, nur nicht anecken. Aber das ist wohl auch dem Umstand geschuldet, dass man keine staatlichen Gelder hat und auf Donatoren angewiesen ist. Das hiesige Publikum macht mir sehr den Eindruck, mit „ihrem“ NYCB verbunden zu sein. „Rubies“ ist ein postmodernes Stück von 1967 und das Kostümbild im Kontext dieser Zeit zu sehen, dass jedoch die beiden Neuschöpfungen für diesen Abend derart oldfashioned ausgestattet sind sind, ist fast schon ärgerlich. Das zweite Stück von Peck – „Dig the Say“ – ist ein Pas de deux (TILER PECK & ROMAN MEJIA) und wirkt wie eine grosse Kür, hat etwas von Eiskunstlauf ohne Kufen, bei der man vor allem technisch zeigt, was man kann, es wird überwiegend gedreht und gesprungen, kraftvoll und athletisch. Der Szenenapplaus ist wohl gewünscht und wird forciert. Die Idee mit dem roten Ball, den die beiden sich zu Beginn immer wieder zuspielen, ist witzig.

Den Abend beendet „Underneath, There is Light“ von AMY HALL GARNER (die viel für Musicals und Theaterproduktionen und die unterschiedlichsten Companies choreographiert…), es ist ihre erste Arbeit für das NYCB. Hier hätte man etwas kraftvolleres, modernes erwarten können, das hätte mich mit diesem doch ziemlich langweiligen Abend versöhnt. Doch leider Fehlanzeige. Das Piece (wie eigentlich der komplette Abend) wirkt für mich wie komplett aus der Zeit gefallen und vollkommen uninspiriert, es gibt nichts, was mich in irgendeiner Art und Weise berührt und auf eine emotionale Reise mitnimmt. Die Musikauswahl wirkt belanglos, das Setting beliebig, die Kostüme von MARC HAPPEL wie aus dem Fundus einer Tanztruppe mit lateinamerikanischem Repertoire, vor allem zuletzt, wenn die Männer fliederfarbene Bodys tragen und die Tänzer:innen in gelben Chiffon-Ballkleidchen herumwirbeln. Das sehr plakative Lichtdesign (und Setting: MARK STANLEY) ist hier auch keine grosse Hilfe. Selten habe ich ein derartig belangloses Stück gesehen, ich frage mich, was will mir die Choreographin damit sagen? Offenbar nichts.

Wenn ich ganz ehrlich bin, kann ich es fast nicht fassen, hier eine derartig beliebige Produktion zu sehen. Ich muss sagen, das irritiert mich sehr. Und somit ist dieser Abend doch eine ziemlich Enttäuschung – sowohl in technisch getanzter Hinsicht – aber vor allem aus künstlerisch inhaltlichem Aspekten. Wenn ich mir das komplette Repertoire dieser Saison anschaue, so lohnt sich kein weiterer Besuch. Danke. Schade. Tschüss.

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