Man kann sich glücklich schätzen, konnte man ein Ticket für die erste grosse Retrospektive der japanischen Künstlerin Yayoi Kusama in der Schweiz ergattern. Denn seit geraumer Zeit sind sämtliche online buchbaren Besucherslots in der Fondation Beyeler in Riehen ausgebucht und ein geplanter Besuch bis Ausstellungsende nicht mehr möglich (direkt vor Ort kann man wohl noch Tickets kaufen). Auch wir haben bereits Wochen vor unserem Besuch die Tickets organisiert. Der Weg nach Riehen hat sich gelohnt…
Das ist nicht immer der Fall, denn das Ausstellungsprogramm der Fondation ist meistens sehr kommerziell ausgelegt, häufig sind die Räume mit Menschenmassen überfüllt und es gibt keinerlei Ermässigungen (nicht einmal der Schweizer Museumspass wird akzeptiert), die Eintrittspreise sind – wie jetzt bei der Kusama-Ausstellung – mit 30 CHF pro Person ziemlich hoch. Ich hatte bei „Yayoi Kusama“ trotz der limitierten Ticketkontingente ein stark überfülltes Museum erwartet, mit sehr grossem Andrang gerechnet, denn die Künstlerin ist – wo auch immer ihre Werke zu sehen sind – ein Publikumsmagnet. Umso grösser die Überraschung, dass das Museum wohl darauf verzichtet hat, die einzelnen Slots zu stark zu füllen, so das man tatsächlich einen angenehmen Museumsbesuch hat und sich den Weg zu den einzelnen Objekten nicht durch die Menschenmenge bahnen muss. Das mag aber auch daran liegen, dass wir das zweite Slot des Tages hatten (Eintrittszeit zwischen 9.30 und 10.00 Uhr), denn beim Verlassen des Museums war die Situation eine andere, die Menschen strömten uns entgegen. Auch einer der Gründe, warum ich nicht mehr so häufig in die Fondation gehe. Gleich beim Betreten des Parks kann man einen der immersiven Mirror-Rooms besuchen, alleine, zeitlich limitiert auf wenige, jedoch ausreichende, Minuten. Das ist bereits ein wunderbarer Einstieg in diese Schau. Kusamas Werk ist nach Schaffensperioden ausgestellt und beginnt mit den frühen wunderbaren Werken ihres nun bereits über 70 Jahre dauernden Schaffens, bis hin zu den heutigen ikonischen Polka-Dots, die wohl jeder kennt und die für meinen Geschmack manchmal etwas inflationär vermarktet werden. Aber so ist das – Yayoi Kusama ist heute eine der bekanntesten Künstlerinnen und weltweit ein Superstar. Derartige Superlativen, wie sie im Flyer und auf der Webseite der Fondation beschrieben werden, turnen mich normalerweise ab, machen keine Lust, eine Ausstellung zu besuchen. Bei Kusama hat sich der Besuch dennoch gelohnt, alleine schon wegen der wunderbaren frühen Arbeiten und den Infinity Mirror-Rooms – einer davon als Teil einer grossen Raum-Installation im Untergeschoss des Museumsbaus (und auch hier hat man die Möglichkeit, sich alleine darin aufzuhalten – sehr instagramabel…). Kusamas Werk ist vielseitig, vielschichtig und in den unterschiedlichsten Medien zu Hause, darunter Malerei, Skulptur, Installation, Zeichnung, Collage, Happening, LivePerformance, Mode und Literatur. Die Arbeiten sind breitgefächert, reichen von wunderbar poetischen Ansätzen bis hin zu den plakativen mit Polka-Dots überzogenen Kürbissen die – und das muss man einfach zugeben – schön anzusehen sind und mit ihrer ganz eigenen Ästhetik einen sehr hohen Wiedererkennungswert haben. Für die Künstlerin selbst, ist die Erschaffung ihrer Werke therapeutische Überlebenskunst und wohl auch eine farbenfrohe Bewältigungstrategie ihrer dahinter verborgenen dunklen Seiten, ihrer Halluzinationen, ihrer psychischen Probleme.












Einmal mehr lohnt sich der Kauf des Ausstellungskatalogs in Riehen nicht, die Fotografien sind alles andere als brillant (hier lohnen sich eher die Postkarten oder Poster) und viele ihrer Werke sind sowieso nur immersiv erlebbar. Schön ist die parallele Ausstellung „Eine kleine Kunstgeschichte des Punktes“ in der verschiedene Aspekte des Punktes innerhalb seiner künstlerischen Entwicklung vom späten 19. Jahrhundert bis heute zu sehen sind, u.a. mit Werken von Louise Bourgeois, Paul Cezanne, Max Ernst, Félix González Torres, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Roy Lichtenstein, Henri Matisse, Joan Mitchell, Joan Miró, Piet Mondrian, Claude Monet, Barnett Newman, Elizabeth Peyton, Pablo Picasso, Sigmar Polke, Jackson Pollock, Henri Rousseau, Doris Salcedo, Wolfgang Tillmans, Vincent van Gogh und Andy Warhol. Diese grosse Kusama Retrospektive ist für mich wohl (unerwartet) das Ausstellungshighlight des Jahres 2025.
„Yayoi Kusama“ in der Fondation Beyeler, Baselstrasse 101, 4125 Riehen – www.fondationbeyeler.ch
Zuletzt besuchte Museen und Ausstellungen:
Susanne Bartsch: Transformation! – Museum für Gestaltung
Monster Chetwynd/Roman Signer – Kunsthaus Zürich
Konzepte des All-Over – Haus Konstruktiv
Maya Dunietz: SWARM – Kunstmuseum Luzern
Thalassa! Thalassa! – Musée Cantonal des Beaux-Arts Lausanne
Anne Marie Jehle: Jeder Spiesser ein Diktator – Kunstmuseum St. Gallen
Olga de Amaral – Fondation Cartier pour l’Art contemporain Paris
Katharina Grosse: Déplacer les étoiles. – Centre Pompidou Metz
Immersion. Die Ursprünge 1949-1969 – Musée Cantonal des Beaux-Arts Lausanne