Seit Februar 2025 ist am Luzerner Theater der Double-Bill-Abend „Seeing Within Sight“ mit den beiden Choreographien „Pretenders“ (UA) von JAVIER RODRÍGUEZ COBOS und „Salty Pink“ (UA) von INBAL PINTO zu sehen – lucky me, habe ich es noch geschafft eine der Vorstellungen zu besuchen…
Javier Rodríguez Cobos Choreographie eröffnet den Abend und beleuchtet die verschiedensten Facetten des „Performens“, mit den kleinen und grossen „Showmomenten“ des Lebens – wo könnte diese Betrachtung besser passen als am Theater, auf der Bühne, im Ensemble von TanzLuzern und so startet ANGELA DEMATTÈ mit einem Solo auf der Vorderbühne in diesen ersten Teil und nimmt uns mit auf ihre ganz persönliche Innensicht, was ein „Solo“ für Sie als Tänzerin bedeutet, welche Bedeutung das hat, was es ihr bedeutet, welche Ängste es aber auch auslösen kann. Ein wunderbarer Einstieg in diese Arbeit Cobos, von dem gemeinsam mit Frank Fannar Pedersen immer wieder spannende Arbeiten am Theater St. Gallen zu sehen sind (zuletzt „Oresteia„). In seiner Arbeit „Pretenders“ stellt er die Frage, ob wir immer das sehen, was er als Choreograph beabsichtigt zu zeigen, wird etwas verfälscht, durch wen, etwa zuletzt durch unsere ganz eigene persönliche Sichtweise im Publikum? Es geht um Sein und Schein und auch darum, wer die Deutungshoheit hat. Und so dominiert in diesem Stück ein überdimensionaler Pandabär die Szenerie, wir sehen einen Showspot, der sich über Gameshows lustig macht und erkennen, dass Tanz und Bewegung auch als filmisch gezeigtes Kaleidoskop funktioniert, es gibt eben immer mehr als nur eine Sichtweise und Wahrnehmung und all das zeigt uns der Choreograph mit Witz, Charme, einem Augenzwinkern und dem engagierten, jungen Ensemble des Luzerner Theaters (MANON ADRIANOW, MIA BARDOT, ANGELA DEMATTÈ als Gast, MATTEO DE CRISTOFARO, CHING HENG HUANG, HANNA LYN HUGHES, PHOEBE JEWITT, KANY MICHEL OBENGA, MATTHEW PRITCHARD, ZHIYELUN QI, GRAZIA SCARPATO, MIGUEL TEIXEIRA, PEI-CHEN TSAI, TANAKA ROKI). Zu guter Letzt entsteigen dem Panda zwei Tänzer:innen und beenden den Abend mit einem Pax des deux – Tanz in Reinform. Schön ist das und bereits jetzt ist klar, die Reise zu TanzLuzern lohnt sich. Tanzdirektorin Wanda Puvogel und ihr Team beweisen, dass es auch in kleineren Formaten und Besetzungen möglich ist, Tanz auf hohem Niveau zu zeigen. Nach der Pause dann „Salty Pink“, ein Stück der israelischen Choreographin Inbal Pinto, die uns ebenfalls zeigt, dass eben nicht immer alles so ist, wie es scheint und auch hinter dem vermeintlichen Humor von Zirkusclowns das Böse stecken kann.
In zauberhaften Kostümen (und sehr schönen Perücken!) erleben wir bizarre Fellini-Poesie und fühlen uns in eine andere Zeit versetzt, unterstützt von Grammophon-Klängen unter einer Zirkuszelt-Kuppel. Das ist vordergründig voller Liebreiz und Nostalgie, entpuppt sich aber schnell auch zum Tummelplatz für etwa kleine bucklige Diktatorinnen, die Clowns sofort an die Leine nimmt, dressiert, uns vorführt. Pinto entführt uns in diese Parallelwelt und öffnet uns gleichzeitig die Augen für neue Sichtweisen, etwa für den wunderbaren Moment, wenn das Bild von zwei balzenden Wesen mit grossem Tutu-Kragen entsteht, an deren zartem Liebesspiel wir teilhaben. Ein sehenswerter Abend mit vielschichtigen Seherlebnissen und wunderbaren Doppelbödigkeiten, einem stilistisch äussert flexiblen Ensemble, kraftvollen, energetischen Momenten und einer grossen Portion Poesie und nachdenklicher Stille – sehr unterhaltsam und lohnenswert! Bravi!
Zuletzt besuchte Ballett/Tanz-Produktionen:
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Lost Letters/Lucia Lacarra – Bayerische Staatsoper München 13.04.2025
Wings of Memory/Bayerisches Staatsballett – Bayerische Staatsoper 12.04.2025
Of Light, Wind and Waters/Ballett Zürich – Oper Zürich 19.01.2025
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Murmuration de Sadeck Berrabah: Level 2 – Le 13ieme Art Paris 23.11.2024
Roberto Bolle and Friends – Theater 11 Zürich 10.11.2024
Clara (Cathy Marston) – Ballett Zürich 01.11.2024
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