Adolf Muschg – Nicht mein Leben.

Es ist nie zu spät, endlich etwas von Adolf Muschg zu lesen. Immerhin ist er einer der grossen, noch lebenden Schweizer Autoren und mit vielen Preisen und Ehrungen ausgezeichnet. Habe ich mir gesagt und seine neue Erzählung „Nicht mein Leben“ gelesen..

Und um es gleich auf den Punkt zu bringen, es wird für mich wohl bei diesem einem, dünnen Bändchen bleiben. Ich fand es ganz nett, mehr nicht. Ich hatte es so erwartet – „Nicht mein Leben“, der Stil, die Schreibe von Muschg, ist schon sehr literarisch und muss man mögen. Es braucht nicht viel – selbst für jemanden, der sich nie grossartig um diesen Autor gekümmert hat – um zu realisieren, dass diese Erzählung stark autobiographische Züge trägt.

August Mormann, achtzigjähriger, zunehmend fragiler ehemaliger Schweizer Gymnasialprofessor für Alte Sprachen und Autor leidenschaftlicher Essays über Europa, sucht sich eine Grabstätte auf einem Zürcher Friedhof. Seine viel jüngere, aus Japan stammende dritte Ehefrau Akiko Kanda möchte einmal mit ihm in seinem Grab liegen. Ein anrührender Liebesbeweis in einer komplizierten Ehe. Das und die Entdeckung, dass sein Grab-Nachbar sein ehemaliger Mitschüler Robin ist, der ihm, dem verwaisten und von seinen Halbgeschwistern allein gelassenen Jungen, einst sein geistiges Überleben ermöglicht hat, bringt Mormann dazu, sein Leben und dessen Spielregeln zu überdenken. Als er von einer nicht nur wegen des Überfalls Russlands auf die Ukraine überschatteten Europa-Konferenz in Triest nach Hause kommt, ist seine Frau verschwunden. (Verlag C.H. Beck)

Muschg – nun fast 90jährig – geizt nicht mit Lebensweisheiten und arbeitet mit dieser Erzählung Aspekte seines Lebens auf. Das ist manchmal rührend, manchmal etwas konstruiert, aber immer mit vielen Zitaten und Bezügen zur Literatur und zu (noch) lebenden Personen. Köstlich fand ich die Episode mit bzw. über Christoph Blocher, fast klingen hier von Muschg versöhnliche Töne an. Und interessant auch der Rückblick auf ganz frühe Jahre der Kindheit, hier liest man von einer grossen Verlorenheit, einer Suche, später dann von einer gewissen Lebensklugheit, einer Altersweisheit, auch mochte ich die Sequenzen auf dem Friedhof, auf dem er, gemeinsam mit seiner Frau später einmal zu ruhen gedenkt und die beiden ihren Liegeplatz erwerben. Es ist ein leises Buch, dass sich zügig liest, bei mir persönlich jedoch keinen bleibenden Eindruck hinterlassen hat, mich auch in keinster Weise berührt. Das Kapitel Adolf Muschg kann ich hiermit also bereits wieder schliessen und ad acta legen. Nicht mein Ding.

„Nicht mein Leben“ von Adolf Musch, 2025, Verlag C. H. Beck, ISBN: 978-3-406-82967-3 (Werbung)

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