Rouvali/Cho: Prokofjew/Tschaikowsky – Tonhalle Zürich 11.05.2025

Ein grossartiges, virtuos gespieltes Klavierkonzert von Prokofjew im ersten Teil und nach der Pause die immer wieder wunderbar zu hörende „Pathétique“ von Tschaikowsky – was für ein famoses Debüt von SANTTU-MATIAS ROUVALI (am Pult) und SEONG-JIN CHO (am Klavier) mit dem TONHALLE ORCHESTER ZÜRICH…

Man findet die Klavierkonzerte Prokofjews eher selten auf den Spielplänen der Konzerthallen, dabei ist das wirklich grossartige, avantgardistische Musik, natürlich mit eher wenigen Ohrwurm-Melodien, dafür aber mit exzessiven Ausbrüchen und so wie hier im 2. Klavierkonzert einer schier nicht enden wollenden Solokadenz im ersten Satz. Fast schon atemlos und absolut analytisch jagt Rouvali mit dem Tonhalle Orchester durch diese Partitur, dazu das virtuose Spiel von Cho, der 2015 den renommierten Chopin Wettbewerb gewann und nun erstmals in der Tonhalle Zürich zu hören ist und beim Applaus gefeiert wird (mit offensichtlich vielen Konzert-Besuchern aus der koreanischen Community). Als kraftvoll, mitreissend und voller Klarheit würde ich diesen ersten Teil beschreiben, mit stark nuanciertem Anschlag und sorgsam platzierten Akzenten und eben, gleich zu Beginn dieser langen Kadenz, energetisch aufgeladen bis zuletzt – was für ein Sprint durch diese Partitur, man hat das Gefühl, dass das Tonhalle Orchester nur begleitende Funktion hat und der Pianist bei diesem Werk wirklich absolut im Mittelpunkt steht. Als Zugabe gibt Cho dann den eher lyrischen 2. Satz der Sonatine für Klavier von Maurice Ravel, der einem nach diesem kraftvollen Prokofjew-Ritt fast ein wenig langweilig erscheint.

Sergej Prokofjew: Klavierkonzert Nr. 2 g-Moll op. 16. & Encore: Maurice Ravel, Sonatine, 2. Satz- Pjotr I. Tschaikowsky: Sinfonie Nr. 6 h-Moll op. 72 „Pathétique“

Noch immer unter dem Eindruck des Klavierkonzerts, nach der Pause also einmal mehr die „Pathétique“, Tschaikowskys sechste Sinfonie, bei der es viele Besucher im 1. Satz beim grossen Ausbruch immer etwas aus den Stühlen reisst – sofern sie schon etwas weggedämmert sind – und dann nach dem 3. Satz die immer wieder viel zu früh Applaudierenden, aber kein Wunder, nach der für Tschaikowsky so typischen Apotheose zum Ende des 3. Satzes hat man auch das Gefühl, dass dieses Konzert beendet sei, dabei lohnt sich alleine schon wegen dem vierten und letzten – eher kurzen – Satz der Besuch dieses Konzerts, dieser letzten Sinfonie Tschaikowskys, um die sich viele Legenden ranken, da er kurz nach der von ihm dirigierten Uraufführung verstarb und klar, kann man das finale, sehr pathetische Adagio als Abschied, das ganze Werk als sein „Requiem“ sehen (naja….).

Rouvali verzichtet jedoch – wie auch beim vorangegangenen Klavierkonzert – auf jegliche Sentimentalität, stattdessen arbeitet er klar und deutlich die einzelnen Instrumentengruppen heraus, hebt sie hervor und wir hören eine wenig gefühlsbetonte, fast schon „unpathetische Pathétique“, ich finde das ungewöhnlich, aber nicht uninteressant, denn im Gegensatz dazu dirigiert Rouvali mit vollem, fast schon übertriebenen Körpereinsatz mit grossen und ausladenden Bewegungen, auch das schon lange nicht mehr so exzessiv am Pult gesehen. Ein interessanter Typ steht da also auf dem Podest, ein interessantes Debüt sowohl von Cho, als auch von Rouvali – Chefdirigent des London Philharmonic Orchestra und Ehrendirigent des Tampere Philharmonic Orchestra, seiner finnischen Heimat – ein in jeglicher Hinsicht spannendes Konzert an diesem Sonntagnachmittag!

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