Nun schaffe ich es endlich ein Konzert in der interimistischen Konzerthalle in München zu besuchen, die während der Sanierung des Gasteigs seit 2021 für verschiedene Orchester als provisorische Spielstätte dient – die Isarphilharmonie (Gasteig HP8) im ehemaligen Stadtwerke-Areal in Sendling. Sehr schöner temporärer Konzertsaal mit einer hervorragenden Akustik. Und wir hören mit VADIM GLUZMAN wohl einen der besten Interpreten von Tschaikovskys Violinkonzert, was früher lange Zeit als unspielbar galt….
Der russische Dirigent TUGAN SOKHIEV (der kommende Saison an der Oper Zürich mit dem neuen „Tannhäuser“ sein Debüt geben wird) eröffnet das Konzert mit dem SYMPHONIEORCHESTER DES BAYRISCHEN RUNDFUNKS mit Lili Boulangers wunderbar perlenden, ja fast schon überschäumenden Stück „D‘un matin de printemps“ – ursprünglich für Violine und Klavier entstanden – und stimmt uns auf ein packendes Konzert ein. Nach diesem sehr kurzen Piece dann der zentrale Mittelpunkt dieses Abends – Vadim Gluzman spielt auf seiner Stradivari Tschaikowskys Violinkonzert und man ist überwältigt von Gluzmans Virtuosität, voller Hingabe an die Musik und spürbar auch an die musizierenden Orchesterkollegen mit wohldosierter Sentimentalität im zweiten Satz, im dritten Satz dann aufbrausend und doch stellenweise tänzelnd – was für eine grossartige Interpretation, frisch und inspiriert und doch spielt er das Stück bereits seit über 30 Jahren. Und immer wieder wunderbar zu hören, wie man bereits im ersten Satz in diese wundervolle Musik Tschaikowskys eintaucht und dessen Zerrissenheit immer wieder spürt, erahnen kann. Grossartig! Als Zugabe hören wir eine Serenade von Valentin Silvestrov, einem ukrainischen Komponisten, das genaue Gegenteil zum aufwühlenden Finale des Violinkonzerts, diese Serenade spielt Gluzman vergeistigt, fast schon entrückt. Wundervoll.
Lili Boulanger: D‘un matin de printemps (Fassung für Orchester) – Pjotr. I. Tschaikowsky: Violinkonzert D-Dur,op. 35 – Encore Gluzman: Valentin Silvestrov: Serenade – Ernest Chausson: Symphonie B-Dur, op. 20
Nach der Pause dann ein eher selten gespielter Komponist: Ernest Chausson, vielseitig ausgebildet, stammte aus einer wohlhabenden Familie und starb an einem Fahrradunfall während der Sommerferien. Dennoch hat er einiges an Werken hinterlassen und wie man unzweifelhaft hört, war Richard Wagner und dessen Musik wohl eine grosse Inspiration für ihn. Während man sich im ersten Satz stellenweise an die „Walküre“ erinnert fühlt, hört man im 2. Satz etwas „Parsifal“, der 3. Satz, vor allem das Finale, erinnert doch sehr an „Götterdämmerung“ (die mich kommende Woche in Bern erwartet…). Und doch ist diese Symphonie etwas Eigenständiges, sehr Schönes und zuletzt muss ich sagen, dass dies ein wirklich interessanter Konzertabend war, hervorragend musiziert mit diesen eher unüblichen Werken, zumindest was Boulanger und Chausson anbelangt, das Violinkonzert Tschaikowskys gehört zum Standardrepertoire und gibt es durchaus häufiger zu hören.

Dieser schöne Saal der Isarphilharmonie bietet Platz für ca. 1800 Besuchern, die Akustik ist hervorragend (Yasuhisa Toyota und sein Büro Nagata Acoustics) und man sieht wohl von überall sehr gut. Beim nächsten München-Besuch lohnt ein weiterer Besuch unbedingt, jetzt aber auf zu zwei Vorstellungen der Ballettfestwoche 2025 an der Bayerischen Staatsoper…
Zuletzt besuchte Konzerte:
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Freut mich, von Dir als Kenner zu lesen, dass der neue Münchner Konzertsaal passt. Viel Vergnügen bei den kommenden Besuchen der Staatsoper und in Bern wünscht Bernd
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Ja, hello, die neue Isarphilharmonie ist wirklich schön, gefällt mir sehr gut (ok, das Foyer ist jetzt nicht so toll, aber egal.), die Akustik ist wunderbar, schade, dass es nur temporär ist…… warst Du mal da? Herzlichst aus Zürich, A.
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