de Ridder/McVinnie: Thorvaldsdottir/Muhly/Bjarnason – Sonic Matter @ Tonhalle Zürich 29.11.2024

ANDRÉ DE RIDDERS Debüt mit dem Tonhalle-Orchester wurde mit Spannung erwartet. Im Rahmen eines Satelitenkonzertes des SONIC MATTER FESTIVALs dirigierte er drei spannende Schweizer Erstaufführungen zeitgenössischer Komponist:innen – ANNA THORVALDSDOTTIR, NICO MUHLY und DANIEL BJARNASON. Ein grossartiges Konzert!

Jedes Jahr findet in Zürich in den den Wintermonaten das SONIC MATTER Festival statt. An verschiedenen Orten finden sich hier internationale und Schweizer Künstler:innen zusammen für Konzerte, Klangparcours, Performances, Ausstellungen, Lounges, Clubevents und Gespräche. Das nächste SONIC MATTER Festival findet vom 30. Januar bis 2. Februar 2025 unter dem Motto «remake» statt, das Konzert in der Tonhalle unter André de Ridder bildet etwas verfrüht den Auftakt, wohl aufgrund der langfristigen Planungen der Tonhalle. Das Podium ist voll besetzt, man könnte fast Mahler oder Bruckner erwarten, vor allem der immense Schlagwerkaufbau sieht vielversprechend aus. Das Konzert beginnt mit „Catamorphosis“ von Anna Thorvaldsdottir, aktuelle Inhaberin des Creative Chair beim Tonhalle Orchester Zürich in dieser Saison, deren Werk „Archora“ (unter Paavo Järvi) mich zur Saisoneröffnung bereits sehr begeistert hat. Und wieder lullt mich ihre Musik ein und lässt mich die Zeit vergessen, nur ab und zu kehre ich zurück und beobachte die Schlagwerker in der letzten Reihe am Podium, wie sie mit ihren Ketten hantieren oder mit Wurzelbürsten die Basstrommeln bearbeiten, direkt vor ihnen die Blechbläser, wie sie ihre Instrumente ausblasen, mich erinnert das sehr an Heiner Goebbels „A House of Call“, was wir nur ein paar Tage zuvor in der Philharmonie de Paris erleben durften. Man spürt förmlich die Heimat Thorvaldsdottirs, man hört diese tiefe aus der Erde kommende, immer auch ein wenig Bedrohliche.

Das wie immer an solchen Konzerten eher spärliche besetzte Auditorium dankt es mit jubelndem Applaus, vor allem, als die Komponistin das Podium betritt.

Anna Thorvaldsdottir: „Catamorphosis“ für Orchester/Schweizer Erstaufführung – Nico Muhly: „Register“ für Orgel und Orchester/Schweizer Erstaufführung – Daniel Bjarnason: „Emergence“ für Orchester/Schweizer Erstaufführung

Ganz anders kommt dann das Werk Nico Muhlys daher – „Register“ mit JAMES MCVINNIE an der Orgel. Ein paar Akkorde aus einer «Pavane» des englischen Renaissance-Komponisten Orlando Gibbons waren Ausgangspunkt für dieses Werk, in dem die grosse Klangfülle der neuen Orgel wohltönend zur Geltung kommt. Es ist ein „wildes“ Stück mit in alle Richtungen fliessende Akkordfolgen, aufbrausend folgt das Schlagzeug, dann klingen die Streicher wieder sehr beruhigend, ein auf und ab, bis zum fast abrupt wirkenden Ende dieses längsten Werkes in diesem Konzert.

Schlusspunkt bildet „Emergence“ von Daniel Bjarnason, dessen Konzert „Inferno“ für Schlagwerk und Orchester bereits beim Abschiedskonzert von Martin Grubinger 2022 unter Jukka-Pekka Sarastre in der Tonhalle Zürich zu hören war. Ein weiterer isländischer Komponist, Themenschwerpunkt des Orchesters in der Saison 2024/25. Gemeinsam mit dem Opener von Thorvaldsdottir bildet dieses Werk eine Klammer um das aufbrausende Orgelwerk Muhlys und entlässt die Zuhörerschaft angenehm beruhigt und mit überwiegend leisen Tönen in den Freitagabend. „Emergence“ ist ein spannendes minimalistisches Triptychon mit wunderbaren Streicherarrangements, die stellenweise nach Sigur Rós klingen, mit denen er auch bereits zusammengearbeitet hat. Was für ein wunderbares Konzert, irgendwie unprätentiös und doch weitaus beeindruckender als zum zehnten mal Beethovens „Eroica“ oder Mahler 7.

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