Achberger / Ensemble Opera Nova: Ives / Nancarrow / Carter / Crumb / Cage / Adams – Studiobühne Opernhaus Zürich 21.03.2024

Anlass für das diesjährige Opera Nova Projekt ist die Aufführungsserie der Oper „Amerika“ von Roman Haubenstock-Ramati aus Anlass des Kafka-Jahres. Zu hören gibt es neben dem Konzert-Klassiker „The unanswered Question“ von Charles Ives viele weitere spannende Musikstücke von John Cage, Elliott Carter, George Crumb und natürlich dem einzigen noch lebenden Komponisten des Abends: John Adams. Dazwischen gibt es die witzigen temporeichen Studies for players piano von Conlon Nancarrow, die er in Musikwalzen stanzte. Ein wirklich tolles Konzert auf der Studiobühne des Opernhauses Zürich…

Hans-Peter Achbergers Dirigat der Uraufführung von Dieter Ammans „glut“ im Februar 2018 im Opernhaus Zürich ist mir immer noch sehr beeindruckend in Erinnerung. Und auch bei diesem Konzert Happening in den Tiefen des Bernhard Theaters ist er ein Garant für einen gelungenen Abend. Egal ob er dirigiert, einer der vier Percussionisten bei John Cages „Third Construction“ ist oder er aus dem Musiker-Nähkästchen und reichhaltigen Erfahrungsschatz plaudert, etwa von seinen Konzertreisen mit George Crumb – man hat das Gefühl, Hans-Peter Achberger ist ein Unikum. Das macht diesen Abend aus, das ist sehr sympathisch und nahbar. Das ENSEMBLE OPERA NOVA musiziert diese ungewöhnliche Musikauswahl wunderbar, immer wieder unterbrochen von Werken Nancarrows für das Player Piano – gefilmt und somit auch für alle im Saal per Live-Videostream auf der grossen Leinwand nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen. Eine Schweizer Erstaufführung – dank der Leihgabe eines Musikinstrumente-Sammlers am Zürichsee für dieses Konzert. Sehr witzig, interessant, aussergewöhnlich.

Charles Ives: The Unanswered Question – Conlon Nancarrow: Study for Player Piano Nr. 7 – Elliott Carter: Concertino for Bass Clarinet and Chamber Orchestra – Conlon Nancarrow: Study for Player Piano Nr. 21 – George Crumb: Night of the Four Moons – John Cage: Third Construction für vier Schlagzeuger – Conlon Nancarrow: Study for Player Piano Nr. 3a – John Adams: Chamber Symphony – Encore/Auslass: Player Piano – George Gershwin: Rhapsody in Blue

Über „The Unanswered Question“ von Charles Ives muss man nicht viele Worte verlieren, immer wieder ein grossartiges Opening für einen Konzertabend (zuletzt gehört in der Tonhalle Zürich unter Kent Nagano im Januar 2024). Mein persönliches Highlight dieses Konzertes ist sicherlich „Night of the Four Moons“ von George Crumb, basierend auf Texten von Federico Garcia Lorca, entstanden 1969, als die amerikanische Apollo 11 auf dem Mond landete. Grossartig vorgetragen von DOMINIKA STEFANSKA, die gleichzeitig auch ein paar Instrumente des Schlagwerks bedient – wie zum Beispiel das Glöckchen – und dies neben ihrer sehr schönen und hörenswerten Alt-Stimme. Äusserst virtuos und konzentriert: ETNI MOLLETONES MENDOZA an diversen Flöten.

Das Werk hat einen ganz eigenwilligen Pathos, vor allem dann, wenn die Musiker:innen nacheinander die Spielfläche mit einem Zimbelklang verlassen, um dann aus dem Off hinter dem Molton weiter zu musizieren, während einzig CLAUDIUS HERRMANN am elektrischen Cello noch sichtbar für das Publikum spielt. Interessant auch Elliott Carters „Concertino für Bass Clarinet and Chamber Orchestra“, was er im reifen Alter von 100 Jahren komponierte – wann hat man schon einmal die Möglichkeit ein Konzert mit einer Solo-Bass-Klarinette zu erleben?! Bravourös musiziert von FILIPA MARGARIDA SACARAMENTO NUNES!

Und dann natürlich John Cages Feuerwerk an Rhythmen, denen man sich fast nicht entziehen kann (wobei erstaunlicherweise ein Grossteil des eher älteren Publikums stoisch und starr dem lärmenden Geschehen der vier Percussionist:innen folgt und keine Miene verzieht): „Third Construction für vier Schlagzeuge“ macht grossen Spass zu Hören und zu Sehen, zum Einsatz kommen neben Alltagsgegenständen wie Blechdosen auch eine Quijada, ein rasselnder Esels-Kiefer. Der kurzweilige Abend endet mit der Chamber Symphony von John Adams: hyperaktive und aufdringlich aggressive Musik von Zeichentrickfilmen (die sein siebenjähriger Sohn im Nebenzimmer schaute – „Tom und Jerry“) vermischt sich mit der Musik Schönbergs im Kopf des Komponisten. Grossartig und kraftvoll! Wohlverdienter Applaus für alle Beteiligten an diesem etwas anderen Konzertabend! Toll! Bravi!

Zuletzt besuchte Konzerte:

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