Herbert Blomstedt: Mozart – Tonhalle Zürich 20.06.2024

Seit vielen Jahren ein Highlight in meinem Konzertkalender – HERBERT BLOMSTEDT dirigiert das Zürcher TONHALLE ORCHESTER. Am 11. Juli wird er 97 Jahre alt, Konzerte mit ihm am Pult sind ein Erlebnis, was natürlich auch daran liegt, dass man nie weiss, ob es das letzte mal ist. Hat man den entsprechenden Platz im Saal (auf der Galerie, seitlich auf Höhe des Pultes), so kann man den Blick von ihm fast nicht lösen…

Blomstedt ist wohl der Dienstälteste unter den grossen Dirigenten dieser Tage und seit geraumer Zeit dirigiert er die Orchester sitzend. In diesem Jahr also Mozart und zwar die grossen Gassenhauer-Sinfonien – die „Linzer“ und Mozarts letzte Sinfonie, die „Jupiter“. Oft gehört und dennoch ein Erlebnis, denn bei Blomstedt ist es schon lange nicht mehr der grosse Gestus (der bei einigen männlichen Kollegen oftmals etwas nervt), vielmehr sind es die kleinen Bewegungen, mit denen er mit seinem Orchester kommuniziert, es wirkt fast zärtlich, wie er diesen Mozartabend – natürlich auswendig und nicht vom Blatt – dirigiert.

Ich bin kein grosser Mozartfan (mehr) und doch berührt mich dieser Abend, nimmt mich dieses musikalisch beschwingte Dirigat gefangen, das liegt natürlich an der Präzision des Orchesters, aber auch an der vielleicht altersbedingten Leichtigkeit des Dirigenten, mit der vor allem die „Jupiter“-Sinfonie, die ja doch auch etwas opernhaftes hat, in diesem Konzert klingt. Im Vergleich dazu wirken seine Einsätze und Gesten für das Orchester und die einzelnen Instrumentengruppen sehr reduziert, oftmals nur angedeutet und man fragt sich schon ab und zu, was davon ist tatsächlich noch Impulsgeber für die Musiker, wie viel von dieser Interpretation des Abends ist überhaupt noch Blomstedt? Das ist aber nicht wichtig, denn dieses Konzert ist irgendwie eher eine Hommage an diesen verdienten Dirigenten, als an Mozart. Und ich bin auch irgendwie hin- und hergeworfen, einerseits schön, einmal jährlich Blomstedt zu sehen, zu erleben, andererseits wäre es auch sehr wichtig, Platz zu machen für jüngere Dirigent:innen, dem Nachwuchs mehr Raum zu bieten, zu viele Dirigenten (hier wird bewusst nur die männliche Variante erwähnt) weit über dem Pensionsalter kleben an ihren Positionen…

Wolfgang Amadeus Mozart: Sinfonie C-Dur KV 425 „Linzer“ – Sinfonie C-Dur KV 551 „Jupiter“

Setzt man also eine der bekannten Mozart-Sinfonien auf den Programmzettel, so bieten sich viele Vergleichsmöglichkeiten (sowohl mit Konzerterlebnissen, als auch mit Einspielungen), wobei ich das Gefühl habe, dass Mozart nicht mehr so häufig in den Konzertsälen zu hören ist (was wohl auch an der heutigen Aufführungspraxis liegt). Die Messlatte ist also in diesem Konzert sehr hoch, erfüllt jedoch meine Wünsche an diesem lauen Sommerabend. Mozart schrieb die „Linzer“ mit siebenundzwanzig Jahren und so jung und perlend ist sie auch in diesem Konzert zu hören, setzt damit einen schönen Kontrapunkt zur nach der Pause folgenden „Jupiter“-Sinfonie mit ihrem doch vorhandenen Pathos und seiner als Fuge gearbeiteten letzten Satz. Lange anhaltender Applaus für Herbert Blomstedt.

Für die kommende Konzertsaison 2024/2025 findet man nun Blomstedt nicht mehr im Programm des Zürcher Tonhalle Orchesters und so war dies wohl mein Abschied von diesem Grossen, unter dessen Leitung ich viele wunderbare Konzertabende hören durfte. Danke Maestro.

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