Arcimboldis Column #20: „Knut för julen ut“

Etwas absurd kommt es mir schon vor, wenn ich hier liege und zusehe, wie der Christbaum „abgeschmückt“ wird, nachdem man vor 3 Wochen mit einer fast schon feierlichen Würde, den Baum (nach der üblichen Auswahlzeremonie – nicht zu gross, nicht zu klein, regelmässiger Wuchs, mit schöner Spitze) erstanden und geschmückt hat.

Nun stand er also knapp 3 Wochen da in der Ecke, wurde regelmässig gegossen und hat uns über die Weihnachtstage mit seinem Glanz und strahlenden Lichtern beglückt und in Feierstimmung versetzt, um dann zum Jahresende immer schaler und abgestandener zu wirken. Bald ist er weg – der Schmuck in den entsprechenden Kartons im Kellerabteil verstaut – und wartet darauf, heute nach Einbruch der Dunkelheit vom Balkon geworfen zu werden. Und warum machen wir das? Ich glaube weder an Gott, noch ans Christkind und schon gar nicht an die heilige Familie zu Betlehem, aber ich wurde mit einem Christbaum sozialisiert. Hm – das Brauchtum, die Gewohnheit, der Jahreslauf. Auch wenn man weiss, das es bereits bei den Hebräern, alten Ägyptern oder Chinesen geschmückte Bäume als Zeichen ewigen Lebens gab und nicht unbedingt ein Wert des christlichen Abendlandes ist. Schön ist er dennoch. Der Weihnachtsbaum, Tannenbaum, Christbaum. Und ohne ihn würde mir etwas sehr Wichtiges zum Jahresende fehlen Ausserdem haben wir von IKEA gelernt, dass in Schweden jeder Haushalt am Jahrestag des heiligen Knut den Baum aus dem Fenster wirft und versucht Passanten zu treffen – denn „Knut för julen ut“ (Knut bringt Weihnachten zu Ende). So heisst es schon seit dem 17. Jahrhundert zum Jahrestag des heiligen Knut (am 13. Januar) in Schweden.  Und wenn ich jetzt die Ecke in der er stand betrachte, so freut mich die zurückgekehrte Nüchternheit des Raumes. Denn irgendwann ist es dann auch mal gut mit dem nadelnden grünen Glitzerding. Und in gut 340 Tagen gehen wir ausserdem bereits wieder in den Keller um die Kartons zu holen…

5 Kommentare

  1. Sabienes

    Jedes Jahr, in der letzten Vorweihnachtswoche, bereue ich es sehr, dass wir nie einen Weihnachtsbaum haben. Denn wir feiern Weihnachten immer bei unserer Familie in Oberbayern.
    Jedes Jahr, kurz nach Weihnachten, bin ich froh, dass ich diesen sperrige Stück Wald nicht entsorgen muss. Mir reicht das übrige Dekozeug.
    LG
    Sabienes

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  2. Roland Risch

    Tja, Ende letzten Jahres ist meine Frau gestorben, und damit war der Weihnachtsbaum in meinem Haushalt chancenlos. Erstmals in meinem Leben hatte ich einen erfolgversprechenden Versuch, ein Kindheitstrauma zu bewältigen.
    Jenes Trauma hat einen Namen: „Lametta“. Diese Stanniolstreifen sollten schön sein, und mussten zur Wiederverwendung wieder runter, glattgestrichen und sorgsam verpackt werden. Und das mach mal mit 2 kg Lametta. Wenn ich diesen Job in ein Gefängnis gebe, um Mörder und Diebe zu peinigen, bekomme ich es mit dem Europ. Gerichtshof für Menschenrechte zu tun.
    Aber mich, mich hat keiner geschützt.
    Weisst Du, was es heisst, wenn Dir beim Glattstreichen so ein Stanniolfaden zerreisst? Der hängt dann nicht mehr, sondern kann nur noch quer liegen!
    Mein Vater spuckte Gift und Galle, bis er schliesslich mitarbeitete – und jeden 4. Lamettafaden immer in der Mitte zerriss. Endlich richtete er seinen Zorn auf sich selbst. und ich war entlastet. „Sammel die Drecksdinger ab und wirf sie in den Müll! Nächstes Jahr kauf ich neu!“ Und das ging mir flott von der Hand.
    Aber ich konnte meine Klappe nicht zuhalten. Also sagte ich, er solle dann doch lieber einige Kugeln kaufen, deren Reste könne er hinterher einfach
    zusammenfegen.
    Das, fand er, sei respektloser Spott. Und ich Dödel hatte seinen Zorn wieder auf mich umgelenkt. Und das war genauso unerfreulich wie Mama’s Anisplätzchen, ein Mörder-Gebäck mit einem gefühlten Gesamtgewicht von 40 kg.
    Ok, war gut gemeint. Die Milchzähne von Bubi mussten halt irgendwann und irgendwie raus, also warum nicht brachial, mit steinharten Anisplätzchen?

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    1. arcimboldis_world

      Lieber Roland, es tut mir leid, dass Deine Frau gestorben ist, aber so wie ich Deinen Kommentar lese – und dabei muss ich wirklich schmunzeln – bist Du ein Stehaufmännchen und machst weiter. Das ist gut so. Und so hat eben jeder sein Päckchen zu tragen, seien es 2 kg Lametta oder eben dieser alljährlich wiederkehrende Ritus. Irgendwie geht einem das alles total auf den Sack und gleichzeitig klammert man sich auch irgendwie an diese Dinge, sie geben Halt. Findest Du nicht? Ich grüsse Dich herzlichst aus Zürich.

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