Currentzis dirigiert: Ravel/Strawinsky – Opernhaus Zürich 25.02.2018

Achtung Personenkult: Am Pult der Philharmonia Zürich – Teodor Currentzis! Im Programm: Ravels Klavierkonzert G-Dur mit der wunderbaren Hélène Grimaud, Strawinskys „Feuervogel“-Ballettsuite (Fassung 1945) und quasi als Opener des Abends das Werk „glut“ des Schweizer Komponisten Dieter Ammann, allerdings unter der musikalischen Leitung von Hans-Peter Achberger….Steht Currentzis am Pult, erwartet man im Automatismus etwas Aussergewöhnliches – so sehr hat ihn die Presse mittlerweile zu einem Exoten gemacht, dass die Erwartungshaltung immens ist. Das lässt sich natürlich auch sehr gut vermarkten, im vollbesetzten Opernhaus Zürich jubelte das Publikum ihm noch vor der ersten von ihm dirigierten Note zu. Nach Ravels Klavierkonzert ist man als Zuhörer dann auch der Meinung, dass dies zu Recht geschehen ist. Hélène Grimaud mit wunderbar rhythmischer Energie und mit Theodor Currentzis im absoluten Einklang, beide begeistern  mich bei diesem spannenden Stück – schwelgerisch, nuancenreich, jazzig, Die von Currentzis bei Strawinsky sehr ausgereizte Dynamik und seine insgesamt gewöhnungsbedürftigen Tempi dann auch bei der „Feuervogel“-Suite muss man mögen, bieten aber schon einen speziellen Musikgenuss. Mir hat es einmal mehr sehr gefallen.

Ein Konzert mit Currentzis am Pult der Philharmonia Zürich ist natürlich schon etwas anderes, als wenn man ihn zusammen mit seinem Orchester musicAeterna erlebt. Es fehlt etwas vom Groove und der verrückten Leidenschaft, hier merkt man eben ganz klar den Unterschied zwischen ihrem grossen Meister folgenden Jüngern und einem vom strukturierten Opernbetrieb gesteuerten Orchester mit all seinen Regularien und Zwängen, von entfesseltem Musizieren kann hier nicht die Rede sein. Dennoch hat auch die Philharmonia gut und solide abgeliefert.

„glut“ von Dieter Ammann ist ein spannendes Stück in riesiger Orchesterbesetzung. „Eine Welt, deren innere Glut, zu Klang geformt, nach aussen drängt“ – das ist die Beschreibung des Komponisten (Jahrgang 1962) für sein neues Werk, es klingt vielschichtig und voluminös und doch teilweise äusserst transparent und sehr fein und passt programmatisch hervorragend an den Beginn dieses Abends, der jedoch insgesamt etwas sehr lang geraten ist und man stellt sich die etwas irritierende Frage, ob Currentzis „glut“ nicht mochte oder keine Zeit für die Einstudierung hatte oder was wohl der Grund für einen zweiten Dirigenten an diesem Abend ist?

Im Vergleich zur neuen Tonhalle MAAG, die sich gerade erfolgreich von altem Tand befreit, hält das Opernhaus Zürich, selbst bei einem „progressiven“ Konzert mit Herrn Currentzis eisern an den alten tantigen Blumenrabatten an der Podiumsrampe fest. Das ist so albern und lächerlich…

„glut“ – Dieter Ammann (*1962) / „Konzert für Klavier und Orchester G-Dur“ – Maurice Ravel (1875 – 1937) / „Der Feuervogel“ Ballettsuite für Orchester – Igor Strawinsky (1882 – 1971)

 

4 Kommentare

  1. Dieter Ammann

    Tatsächlich hatte sich Teodor völlig verschätzt, was den Aufwand, die Partitur zu lernen anbelangte. Er möchte das Stück zu einem späteren Zeitpunkt mit seinem Orchester einstudieren, wie er sagte.
    Festzuhalten ist, dass Hans-Peter Achberger einen fantastischen Job gemacht hat. Niemand, auch Boulez nicht, hat je ein Stück von mir auswendig dirigiert – und schon gar nicht eines von dieser Komplexität.
    Mit besten Grüssen
    Dieter Ammann

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    1. arcimboldis_world

      Lieber Dieter Ammann – da stimme ich Ihnen vollends zu. Hans-Peter Achberger war denn auch der heimliche Star des Abends! Ich sehe das genauso! Und ihr Werk war – um das nochmals zu betonen – grossartig! Bravo! Herzlichen Gruss! Adrian

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